Lebenslauf des Jahrganges 1934 / 1935
Es handelt sich hier um Erinnerungen die nicht immer
Tagegenau stimmen werden
Wir
wurden in eine Zeit hinein geboren die in einer Katastrophe endete. Die schönste
Zeit war, als wir bei Tante Hilde im Kindergarten waren. Daran werden sich
bestimmt die meisten erinnern können. Siehe das Bild in unserer Seite am Anfang.
Ja dann kam die Einschulung im Kriegsjahr 1941 da kamen wir als erster Jahrgang
am 1. September in die Schule, und da begannen doch schon die Probleme. Der
Lehrer Willi Örtel war ein ganz scharfer. Wenn man beim Schwätzen erwischt wurde
musste man die Hände auf die Bankkante legen, und dann kam er an, hat einen mit
dem Geigenbogen darauf gehauen, und das tat weh. Dieser Nazi hat sich nach
Kriegsende nach Norwegen abgesetzt!? Das Kriegsende haben wir alle einigermaßen
gut überlebt, weil wir im Ganzen gesehen viel Glück hatten. Das Kriegsende
brachte uns einigen Zuwachs in der Klasse, es waren Kinder die mit ihren Eltern
die alte Heimat in Schlesien, Sudetenland und woher auch immer verlassen
mussten, wovon aber nicht mehr viele Kontakte bestehen. Mit den folgenden
Lehrern im weiteren Verlauf der Schulzeit kamen wir besser zurecht. Ich weiß
nicht ob ich noch alle zusammen bringe. Frau Wandelt, die Mia, hat uns viel von
Afrika erzählt was aber nicht unbedingt zum Stoff gehört hat. Frau Richter
später Hummel konnte man auch gut haben. Herr Högel war auch sehr beliebt bei
uns. Dann war da noch die Russisch Lehrerin Umbreit welche uns die Sprache
lehren wollte, aber aus einer gewissen Unlust unserseits nicht den
durchschlagenden Erfolg hatte, was Sie manchmal zu Tränen veranlasste. Der Grund
lag nicht bei Ihr persönlich muss ich ehrlich sagen, sondern daran, das
man es uns verwehrte in unserer
Freizeit English zu lernen. Dazu hatte sich unsere Mia bereit erklärt. Zum
anderen hatte man unsere Arbeit auf dem Schulhof eine Sprunggrube an zulegen
wieder verboten. Wir hatten Handwagenweise den Sand heran gekarrt, Dann hieß es
Kommando zurück. Das hat uns ganz schön getroffen, und unsere Einstellung
geprägt. Ach ja da war noch der Rudi Schmidt den wir wie ich glaube in der 6ten
Klasse hatten. Der hatte es auch nicht leicht mit uns. Bis zur Schulentlassung
hatten wir unseren Paul Hänchen als Lehrer, und der war für uns gesehen der
Beste, weil er auch eine Strenge, aber auch sehr menschliche Art hatte. Auch bei
unserem Schulabschluss waren wir wieder die erste Klasse welche eine
Abschlussprüfung ablegen musste. Alle hatten es geschafft, und nun fing der
Ernst des Lebens an. Wir schrieben das Jahr 1949, und es war sehr schwer eine
Wunschlehrstelle zu finden, wir mussten nehmen was es gab. Ich hatte Glück im
elterlichen Betrieb lernen zu können, das gleiche war bei Hans-Erich Schomburg
der Fall. Alle anderen haben auch eine Lehrstelle gefunden, aber ob es der
Wunschberuf wurde? Ich weiß es nicht. Die Mädel wurden entweder Verkäuferinnen,
oder gingen ins Büro, oder wurden Lehrerin wie Dorothea. Als Fazit kann man
sagen es sind alle was geworden, und die Zeit war eben so. Die
Freizeitgestaltung war ja auch sehr begrenzt abgesehen von der FDJ was sowieso
nicht unser Ding war. Einige Jungs haben sich dann dem Männergesangsverein
angeschlossen, und hatten dadurch viele schöne Erlebnisse bei den Auftritten und
Ausflügen. Dann kam die Zeit wo wir versuchten unseren
Weg zu finden, und der führte bei vielen zum Verlassen der Heimat. Das war auch
die Zeit wo jeder seinen Lebenspartner gefunden hat. Im großen und ganzen haben
alle Ihren Weg gemacht. Die Zeit war für alle nicht so leicht, aber es ging
immer weiter. Im Jahre 1986 fassten wir den Entschluss ein Klassentreffen ab zu
halten. Die Adressen wurden gesucht und Verbindungen die lange brach lagen
wieder geknüpft. Schließlich war noch ein Grund zu finden weshalb wir uns
treffen wollten. Da wurde Herbert Reumann unser Vorbereiter mit seiner
Silberhochzeit als Grund gewählt. Das war am 01.11.1986 der Fall. Man muss
bedenken, das sich viele fast 35 Jahre nicht gesehen hatten, also das war eine
Gaudi mit dem Widersehen. Auf dem Bismarckturm fand dieses 1.Treffen statt. Im
Jahre 1988 hatten wir dann ein Treffen in Rimbach im Odenwald doch es konnten
sich nur die in Westdeutschland wohnenden dort treffen. Diesem sollten weitere
folgen, und die kamen auch in ca. zwei jährigen Abständen. Im Jahre 1989 am
30.09. hatten wir wieder ein Treffen auf dem Bismarckturm es wurde ein
denkwürdiges Treffen, weil sich da eine Entwicklung abzeichnete die später zur
Wiedervereinigung führte. Wir, die aus dem Westen Deutschlands waren gingen mit
bangen Gefühlen auf unsere Heimreise. 1992 waren wir gerade in Almrich als der
Volkschor 125 jähriges Bestehen feiern konnte. Natürlich waren wir da vollzählig
vertreten, und konnten da viel liebe Freunde begrüßen. Im Jahre 1993 hatten wir
uns für ein Treffen in Bischofsgrün entschieden welches wir auf drei Tage
ausgedehnt haben, wir machten sogar eine Busfahrt nach Eger, und nach Marienbad
in der Tschechei. Das waren schöne Tage die wir fast vollzählig verbringen
konnten. 1995 hatten wir unser Treffen etwas anders gestaltet, denn wir fuhren
mit dem Bus nach Freyburg, und von dort aus mit der „Fröhlichen Dörte“ bis zum
Blütengrund zurück. Zu Fuß sind wir dann zu Schessnis Gaststätte gelaufen und
haben dort gut zu Mittag gegessen. Darauf folgte ein Spaziergang bis zur
Rebschule in Freyburg wo wir zum Kaffee, und Abendessen verweilten. Mit einem
Alleinunterhalter aller erster Klasse, der unseren Ansprüchen 100 % entsprach.
Im Jahre 1997 wurde das Klassentreffen nach Geyer – Elterlein gelegt wo wir in
einem großen Haus alle unter einem Dach gewohnt haben. Es war wieder mal ein
gemeinsames Treffen was allen viel Spaß gemacht hat. Es ist schon ein schönes
Gefühl gemeinsam dies zu erleben. Das Jahr 1999 konnten wir zusammen mit unseren
Klassentreffen auf dem Bismarckturm auch die goldene Konfirmation begehen.
Dieses mal hatten wir Glück nach dem Kirchgang gemeinsam in unserem alten
Klassenzimmer zum Kaffee trinken zusammen sitzen zu können. Nun ging es in zwei
Jahres Takt jedes Mal zu unserem Bismarckturm hin um unsere Treffen zu feiern.
Für das Jahr 2009 ist geplant am 22.08. unser Treffen und unsere diamantene
Konfirmation zu feiern. Wollen wir hoffen, das alle daran teilnehmen können.
Im Laufe der zurück liegenden Jahre hatten wir auch den Verlust von lieben
Schulkameradinnen und Schulkameraden zu beklagen. Dieser werden wir immer
gedenken.
Im gedenken an Irmgard Reumann geb. Flechtner; Winfried Strauch; Heidijörg
Martini; Günther Hebestreit; Ingrid Balmer; Elfriede Schulz geb. Geier; Werner
Dörfel;
Olaf Hirschfeld.
In
Memoiren.
Für alle Mühen, und vorbildlichen Einsatz denken wir in erster Linie unserem
Herbert und seiner Herta. Das Treffen in Bischofsgrün bereiteten Günther
Mackroth und Rolf Elste vor. Die Planung für Geyer – Elterlein lag in den Händen
unseres Schulfreundes Günther Hebestreit und nach dessen Tod vor unseren Treffen
hat wieder Herbert die weitere Durchführung geleitet. Was für alle Treffen ein
Novum war, wir hatten immer Bomben Wetter wofür wir uns auch irgend wie bedanken
müssen.
Aus den ersten Schuljahren gibt es nichts erregendes zu berichten, bis auf die
Tage im Sommer an denen wir Coloradokäfer auf den Feldern suchen musste. Für uns
waren es Kartoffelkäfer, aber es hieß, das die Amerikaner diese abgeworfen
hätten. Bei dieser Gelegenheit fanden wir Flugblätter die wir schnellstens dem
Lehrer geben mussten, damit wir diese nicht lesen konnten. Im weiteren Verlauf
des Jahres konnten wir bei den ortsansässigen Bauern Zuckerrüben verziehen
helfen, und das hatte den Nebeneffekt, das es da zur Kaffeezeit etwas zu Essen
gab. Entweder eine Fettbemme, oder eine Musbemme. Was die sportlichen
Aktivitäten anbetraf gab es nicht viel, außer Völkerball spielen. So ging es
immer näher auf das Jahr 1945 zu. Im November 1944 wurden die Jungen des
Jahrganges 34 zum Jungvolk geholt. Es war nichts so interessantes was wir da
gemacht haben, denn es zeichnete sich das Kriegsende ab. Doch davon reden war
nicht erlaubt. Im Frühjahr 1945 mussten die Pimpfe im Schulgarten der Napola in
Schulpforte die alten
Männer die man noch zum Volkssturm
eingezogen hatte bei der Vereidigung begleiten. Diese sollten, welch Unsinn, den
bestens ausgerüsteten Amerikaner Widerstand leisten. Sie bekamen eine
Panzerfaust, und einen Karabiner K98 als Bewaffnung. Zudem mussten sie noch
Panzersperren bauen, wozu Bäume von 50 cm Durchmesser in die Strasse senkrecht
eingebuddelt wurden. Eine davon stand oberhalb des Adlers. Nach dem Amerikaner
über die Instand gebliebene Kösener Saalebrücke vorrückten, wurden diese von den
Napolanern an der Windlücke in Gefechte verwickelt. Wie es bei den Amerikanern
üblich war wenn Widerstand erfolgte hat man da einfach immer die Jabos
eingesetzt um diese Abwehrlinien zu bekämpfen. So kamen sie immer näher nach
Naumburg – Altenburg vorwärts. Es erging der Befehl; das schnellstens die
Panzersperre beseitigt werden muss, andernfalls wird bombardiert. Nun waren es
wieder die Volkssturm Männer die diese Arbeit machen mussten. Die Sprengung
unserer Almricher Saalebrücke war keine strategische Maßnahme, nein es war reine
Zerstörungswut der SS – Soldaten. Nun war am 08.05.1945
der unsinnige Krieg zu Ende, der auch in unserer Klasse Kinder zu Waisen machte.
Jetzt waren für einen begrenzten Zeitraum die Amerikaner bei uns. Am Ortseingang
von Schulpforte her gesehen wurde ein Kontrollpunkt errichtet, um die Leute zu
überprüfen die nach Almrich rein wollten. Dazu stand ein Panzerspähwagen
unterhalb der Strasse, und die Ami`s saßen oder lagen am Straßenrand. Kam jemand
angelaufen, oder gefahren hieß es „Have You Pass?“. Wir Kinder trauten uns mit
der Zeit immer näher an die Ami`s ran, und bekamen aus ihren Tagesrationspaketen
mal Schokolade, mal Kaugummi.
Ach da fällt mir was ein.
Am 06.07.1945 hatte mein Schulfreund Joachim E. seinen 10. Geburtstag, und der
wurde gefeiert. Es gab Kirschkuchen und Milchkakao. Irgend wie hatte der Cousin
von Joachim, Hort Schneider hieß er, eine halbe Havanna Zigarre bei den Ami`s
abgestaubt. Es hieß dann, das wird im Pfortenholz probiert, das Rauchen. Gesagt
getan und so sind wir bis zu Gläsers Garten marschiert um zu qualmen. Zigarre
angebrannt und gepafft. Ja was passierte nun ? dieses Laster ungewohnt mussten
wir beide unseren Kirschkuchen den Fischen in der kleinen Saale opfern und
verpetzt wurden wir auch noch. Zwei Mädels aus dem Jahrgang 1935/36 lagen in
Gläsers Garten und haben sich dort gesonnt. Es waren Doris W. und Eva B. die uns
dann noch verraten haben. Ist aber längst vergeben worden. Nach geraumer Zeit
zogen sich die Amerikaner bis zu den im Jaltaer und Potsdamer Abkommen
festgelegten Zonengrenzen zurück. Dann kam der Einmarsch der Russischen Armee.
Mit Panjewagen von Pferden gezogen zogen Sie bei uns ein. Auf der Wiese nach
Weisen Oskar seinem Haus machten diese ein Biwak. Bei uns wurde ein Offizier
einquartiert dem wir ein Zimmer zur Verfügung stellen mussten. Für meine
Begriffe war er sehr kultiviert, was man von dem Fußvolk nicht behaupten konnte.
Meine Mutter musste für den Oberst kochen, aber nur Zutaten die er Ihr gebracht
hatte. Das wichtigste war nun dabei, das wir auch mit essen mussten.
Wahrscheinlich hatte er Angst vergiftet zu werden. Für uns ging dann das Leben
nach dem Krieg los. Es begann eine für Alle nicht einfache Zeit. Es wurde
buchstäblich ums Überleben gekämpft. Ähren lesen, Kartoffeln und Zuckerrüben
Stoppeln war nun angesagt. Wer einen kleinen Acker hatte war gut dran, mit dem
Anbau von Gemüse konnte man so manches Essen gekocht werden. In der Schule
wurden neue Fächer eingerichtet wie zum Russisch und das war nicht so nach
unseren Geschmack. Was uns aber Spaß machte war das baden in der Saale, oberhalb
der Insel hatten wir unsere Badestelle, sogar mit einem selbst errichteten
Sprungbrett aus heraus getauchten Steinen. Die schönsten Erlebnisse hatten wir
auch in den damals noch Schneereichen Wintern. Es gab für uns mehrere Strecken
auf denen wir Schi fahren konnten. Da war die Hohle auf der wir bis zur zweiten
Kurve laufen mussten, um dann eine tolle Abfahrt machen zu können. Unser Freund
Herbert hatte einen richtigen Bob an diesen banden wir dann noch mehrere
Schlitten dran und ab ging die Fahrt. Bei guter Bahn konnten wir bis zu Beckers
Platz rodeln und manch mal auch bis zur Einmündung der B 87 am Gasthaus Adler.
Zu dieser Zeit war es noch ungefährlich mal bis auf die Strasse raus zu fahren,
denn es gab kaum nennenswerten Autoverkehr. Schifahren konnten wir auf der
Herche, Försterfeld und auf der Pastorwiese. Des weitern gab es die Möglichkeit
mit Heiner Flucke mit dem Pferdeschlitten an den wir auch mehrere kleine
Schlitten anhängten in die Saaleauen zu fahren. Für die Fußballbegeisterten
Jungen wollten einige die Möglichkeit schaffen im Verein Fußball zu spielen. Mit
einigen Älteren Herren wie Alfred W., Heinz M., Kurt B. usw. sollte eine SG
Naumburg – West gegründet werden, was Anfangs gut klappte, aber später nur mit
Schwierigkeiten in einen anderen Verein weiter ging. Wir haben erst mit einer
Jugendmannschaft aus drei Jahrgängen gespielt. Unser erstes Spiel verloren wir
gegen die A Jugend von Rotation Naumburg mit 12:0. Wir wurden dann zur BSG
Aufbau Naumburg und machten dort weitere Spiele. Im weiteren Verlauf unserer
Jugend haben wir schöne Vatertags Partien gemacht. Da waren die anderen
Möglichkeiten der Freizeitgestaltung nicht so vorhanden, und in der Linde und
den Bären verbrachten wir auch schöne Stunden bei Billardspielen und Bierlachs.
Für die Jungen kam dann doch mal das weibliche Geschlecht in den Blickwinkel.
Das führte sogar zu Fahrten nach Friedrichroda und Tabarz. Diese Tour machten
wir mit einem BMW Baujahr 1935. Dabei waren Rudi W., Günther M., Gerd Sch. Und
Rolf Elste als Fahrer mit ganz neuer Fahrerlaubnis. Wir hatten da auf einer
Betriebsfeier des Naumburger Konsum Bekleidungswerkes zwei Mädels kannengelernt
die wir dann besucht haben.
Es gab für uns noch ein Ereignis und das war die Tanzstunde bei Mathilde Döring
in Naumburg. Das war Gelegenheit wieder Mädels kennen zu lernen. Wir haben ohne
Zweifel unsere Jugend genossen. Es gibt sicher noch viele Geschichten aus dieser
Zeit aber das würde zu weit führen. Auf jeden Fall kann ich sagen, das wir eine
gute Klasse waren, mit allen positiven und negativen Eigenschaften die so eine
Zeit mit sich bringt.
Euer Schulkamerad Rolf Elste.
Denn die Heimat vergisst man nie, auch nicht nach 70 Jahren
Dieser Lebenslauf erhebt keinen Anspruch auf Vollkommenheit.
Rolf Elste
Kraichtal, den
29.12.2008