Gasthaus  zur  Linde

Wer kennt sie nicht die "Linde" wie sie im Volksmund hieß.
Einst eine schöne Ausflugsgastätte mit Zimmervermietung auch weit über die Grenzen von Naumburg bekannt.
Selbst ich kenne das Lokal noch mit seinen in der 1. Etage gelegenen grossen Saal, wo so manche schöne oder nicht so schöne Tanzveranstaltungen stattfanden. Die Dorfjugend hatte immer ein Auge auf ihre Mädels wenn die Naumburger Burschen kamen. Es gab so manche Keilerei. 
Ein letzter Versuch die Schöne Gaststätte nach der Wende zu retten scheiterte. Auch die Immobilie zu Versteigern scheiterte.
Heute ist sie nun den Verfall preisgegeben.
Vor ein paar Tagen wurde die untere Fensterfront mit Brettern vernagelt, weil die Scheiben schon durch Vandalismus zerstört worden. Auch die Fallrohre aus Kupfer wurden gestohlen. Bleib nun abzuwarten wenn nun die letzte "alte Gaststätte"
aus Almrich verschwindet.  
                                                    
             
  januar 2009 u.w.




Linde 07.09.2009Linde 07.09.2009Linde 07.09.2009Linde 07.09.2009

 

1930 im Gasthof "Zur Linde"

 

Sonntag für Sonntag bringen die Parteiaktivisten den "Völkischen Beobachter" in Naumburg und Umgebung in die Häuser. Regelmäßig trifft man sich zu Versammlungen. Später bevorzugt man dafür gern das "Goldene Hufeisen" (Marienstraße). Die Vorkämpfer der "Bewegung" waren außerordentlich ambitioniert, die "Konjunktur des sozialdemokratischen und demokratischen Parteibuchs" in Naumburg zu brechen (vgl. Stadtverordnetensitzung 9. Januar 1930). Dies stößt natürlich auf Gegenwehr seitens der SPD, KPD, der Freidenker, "Naturfreunde" und der Gewerkschaften. Die Spannungen brechen sich oft bei politischen Versammlungen ihre Bahn.

Am 5. Dezember 1930 findet im "Gasthof zur Linde" in Almrich eine Versammlung der NSDAP-Ortsgruppe statt. Aus der ganzen Umgebung, von Weißenfels, Freyburg und Querfurt, kommen die Nationalsozialisten mit ihren SA-Trupps und besetzen den Saal mit den "120 schlimmsten Schlägern" ("Volksbote"). Die Polizeibeamten Oberlandjäger Schauer (Naumburg), Oberlandjäger Lipke (Lengefeld) und Landjägermeister Jurkscheit (Altenburg) sowie Oberlandjäger Stössel (Mertendorf) sind zur Sicherung des ordnungsgemäßen Ablaufs der Versammlung hierher abkommandiert.

Als die 150 Mann starke Naumburger Antifa-Gruppe anrückt, befinden sich Schauer und Lipke vor dem Eingang zum Gasthaus. Mittlerweile füllt sich der Saal. Die am Eingang des Gasthauses stehenden Polizisten lassen etwa 40 der Neuankömmlinge ungehindert hinein. Bei den Landjägern am Saaleingang kommen sie aber nicht weiter. Die Menge vor dem Gasthof ruft jetzt "Schauer zurück" und drängt ihn beiseite. Schließlich kommt er noch zu Fall und verliert seinen Tschako . Auch Lipke kann die Menge nicht aufhalten. Er versucht sich der Bedrängnis zu erwehren, indem er vom Gummiknüppel Gebrauch macht. Alle Kommandos der Polizei werden ignoriert. Der Pulk stürmt jetzt die Treppe hinauf vor die Eingangstür zum Saal im ersten Stock, wo der Polizeibeamte Stössel steht und ruft: "Alles zurück, keiner kommt hier herein."

Unter den Drängelnden im letzen Drittel des Zuges ist der Arbeiter Kurt Müller, geboren am 23. November 1907 in Naumburg, wohnhaft Weißenfelser Straße 6. Er wird durch das Amtsgericht Naumburg am 17. Februar 1931 wegen Widerstands gegen die Vollstreckung von Gesetzen, Befehlen und Anordnungen zu einem Monat Gefängnis nebst Übernahme der Kosten verurteilt (vgl. Müller 1931).

Aber was sich hier zwischen dem unteren Hauseingang und dem Einlass zum Saal ereignete, war zu dem, was nun noch folgt, nur eine Plänkelei.

Inzwischen rücken im Saal Naumburger Reichsbanner-Leute für die Antifa zusammen. In diesem Moment gibt der Führer der Naumburger SA Bolz ein Pfeifsignal, worauf seine Anhänger die überraschten Reichsbannerleute mit Biergläsern, Flaschen, Gartenstühlen und Tischtrümmern bewerfen. Etwa zehn Reichsbannerleute brechen verletzt zusammen. Besonders schwer traf es den Führer des Reichsbanners. Mit gezogenem Revolver treten nun die Landjäger dazwischen. Aus einer offenen Tür wird ein Schuss gegen einen Landjäger abgegeben. Der springt sofort in Deckung und erwidert das Feuer. Die Polizei wird nun Herr der Lage. Inzwischen ist das Überfallkommando aus Weißenfels eingetroffen. Bei der Durchsuchung des Saales finden sich zwölf Revolver, scharf geladen, modernster Bauart, berichtet der "Volksbote". Dazu kommen Totschläger und Gummiknüppel.

"Im Anschluß an diesen heimtückischen, faschistischen Überfall", endet der Bericht des Zeitzer "Volksboten", "fanden sich Reichsbanner und Antifa spontan zu einer gemeinsamen Demonstration durch das schwarze Naumburg. Eindrucksvoller war selten eine Kundgebung als diese ganz selbstverständlich von den Massen gebildete `Einheitsfront` mit dem Ruf der Antifa: Rache für unsere Reichsbannerkameraden!"




                                                              

                                                                           Quelle: Detlef Belau (Naumburg, Saale)  http://www.naumburg1933.de/geschichte/zurlinde.htm