G A S T H O F    B Ä R

Hallo nach Almrich und erstmal danke für die Bemühungen, dem Ort einen gebührenden Platz in den neuen Medien zu verschaffen. Meine Naumburger und Almricher Verwandten hatten mich schon vor geraumer Zeit auf den Web-Auftritt hingewiesen, aber wie das so ist mit den Rentnern, die niemals Zeit haben, bin ich erst jetzt so weit, Ihnen auch etwas anzubieten. 
Meine Eltern, Lina und Erich Steinert haben die Gaststätte 1950 übernommen. Wir kamen aus Obermöllern, wohin uns der Krieg (1943 in Berlin ausgebombt) verschlagen hatte. Für mich, die Tochter, war der Umzug schon deshalb ein besonderes Ereignis, weil ich damit aus einer einklassigen Dorfschule in die 4. Klasse der Almricher Grundschule kam, die mehr Schüler hatte als die Möllersche Dorfschule zusammen. Dank der einstigen Mitschülerinnen Karin, Irma und Heidrun gibt es seit 1997 auch wieder regelmäßige Klassentreffen.
Wahrscheinlich ist es so, dass man mit zunehmendem Alter ganz gern "Ausflüge" in die Vergangenheit macht. Ziemlich wehmütig gestimmt hat mich aber der Ausflug zum großen Nichts, der freien Fläche, auf der der "Bär"
einst stand. Nicht, dass das Leben als Wirtstochter besonders rosig gewesen wäre, aber immerhin war da von 1950 bis 1959 mein Zuhause. Ein Zuhause, an dem ich wohl das Plumpsklo, das auch von den Gästen genutzt wurde, am meisten gehasst habe. Und die Skatspieler, die die Karten mit einem Höllenlärm auf den Stammtisch knallten und nach etlichen Klaren und Bierchen immer lauter wurden. Genau über dem Stammtisch stand mein Bett, und Ohropax kannten wir damals nicht. Auch die Feste waren für mich ein Graus, denn dann war der meiste Betrieb. Weihnachtliche Besinnlichkeit beispielsweise habe ich nie kennen gelernt. Silvester war ich immer zum Küchendienst abgestellt mit dem seinerzeit üblichen Angebot: Kartoffelsalat und Bockwurst, Eier, saure Gurken, Heringssalat und literweise Kaffee. Unser wunderbarer Mischling Struppi hat mir meistens Gesellschaft geleistet, mit heutigen Hygienebestimmungen schwer vorstellbar, aber seinerzeit ausgesprochen
tröstlich für mich. Struppi war übrigens ein leidenschaftlicher Biertrinker und auch sonst ein ganz besonderer Hund, der zu Spotts mit einer alten Aktentasche im Maul allein zum Brötchenkauf ging oder auf der Post mein an
die Eltern geschicktes Paket erschnüffelte, den Bindfaden zwischen die Zähne nahm und den Karton den Hang hochschleifte. Was meine Eltern über die Jahre geleistet haben, konnte ich erst als Erwachsene richtig einschätzen. Ihre Arbeitstage waren lang, meine Mutter war in der Regel von 7 Uhr früh bis
weit nach Mitternacht auf den Beinen. Der "Chef" ging es etwas ruhiger an, was bei der resoluten Lina gelegentlich zu Schimpfattacken gegen ihren pommerschen Erich führte. Dennoch bin ich sicher, dass sie gern Wirtsleute waren. Nachdem aus der privaten Gaststätte eine Konsumgaststätte geworden
war (vermutlich gleich zu Beginn der 60er Jahre) wurde ihr Leben auch etwas weniger beschwerlich. Mein Vater ist leider 1979 schon gestorben, meine Mutter (96), erkrankte vor neun Jahren an Demenz und lebt jetzt in einem
Pflegeheim in Oranienburg. 

                                                                                                           
   Barbara Simon, geb. Steinert   30.11.2010

Gastwirtin mit Tradition und Herz


Erich   Steinert


Lina Steinert


Struppi freut sich aufs Trippelbier

Gäste  stets  Willkommen

Ein Stück Alt - Almrich   Der Gasthof  " Zum Bär"

Das Dorf Altenburg, auch Almrich genannt, bot einst mit seinen Gastwirtschaften ein beliebtes Ausflugsziel. So konnte man an der Hauptstrasse im Hof des "Goldenen Adlers" den schönen Blick ins Saaletal genießen, Gleich daneben befand sich der "Bär" mit seiner gemütlich Gaststube. Wenige Schritte weiter lud die Bäckerei Spott zu Kaffee und Kuchen ein. Die schattigen Gartenterrassen der "Linde" am Mühlplatz waren im Hochsommer sehr geschätzt.
Den schönsten Platz kann man bis heute aber beim Bismarckturm finden. Hinzu kam noch manche vergessene Dorfkneipe. Im Unterdorf gab es vor 150 Jahren eine "rothe Schenke" , und um 1700 wird eine Mühlschenke erwähnt. Aber auch zu Tanzvergnügen und anderen Veranstaltungen wurde oft eingeladen, es herrschte ein regeres Treiben als heute. Obwohl über die Dorfgeschichte wenig überliefert ist, hat sich über den "Bär doch etwas erhalten. Seine Umgebung sah vor 200 Jahren anders aus als heute, ohne die jetzige Strasse. Es ging nur über den Lindenberg, links vorbei an einem alten Bauernhof. Man gelangte hier nur auf einem steilen Weg an Stelle der Stufen ins Dorf. Zum Grundstück gehörte ein Fachwerkhaus mit einer Toreinfahrt zum Weg hin. In diesem Haus befand sich seit langer Zeit, die man Oberschänke nannte. Trotz der ersten Erwähnung um 1700 dürfte sie erheblich älter gewesen sein. Zu ihr gehörte auch ein Tanzsaal. Das Gasthaus war zu Zeiten der Naumburger Messe als Ausspanne bei den Fuhrleuten sehr begehrt. Es erfreute sich aber in alten Zeiten keines guten Rufes, da hier häufig loses Gesindel willkommenen Unterschlupf fand. So manche folgenschwere Auseinandersetzung ist noch überliefert. Daher entstand im Jahre 1713 der günstiger an der Strasse gelegene "Goldene Adler".
Nach einem Brand blieben Reste des Gebäudes noch lange erhalten. Eine rätselhafte Figur neben dem Tor, wohl einen menschlichen Oberkörper darstellend, und deren Herkunft und Bedeutung unbekannt ist, ging beim Abriss leider verloren. Wann nun die Gaststätte in dem an der Strasse gelegenen Haus eingerichtet wurde, kann nicht gesagt werden. Die römische Zahl für das Jahr 1326 über der Eingangstür war eine spätere unhistorische Zugabe. Eigentümlich waren die niedrigen Fenster und die ins Haus hinunterführenden Stufen. Als Folge des Strassenneubaues nach 1810 wurde das Grundstück durchschnitten, und wegen der Trassenführung musste der Eingang höher gelegt werden.
Die Gaststätte bot stets willkommene Einkehr. So waren Übernachtungen möglich, selbst baden konnte man vor 70 Jahren schon im Haus. Das Gasthaus verfügte über 4 Zimmer mit 10 Betten. Von den Eigentümern sind folgende erwähnenswert: 1727 verkaufte die Frau des Roßbacher Fährmanns Samuel Peucker das Gasthaus samt Bauernhof an den Naumburger Oberakzise - Einnehmer Joh. Georg Fritzsche. Als 1810 ein Friedrich Bär das Gasthaus übernahm, erhielt es nun den allbekannten Namen "Zum Bär". Dann erinnern sich viele Gäste noch an die freundliche Bedienung von Erich Steinert und seiner Frau nebst Hund als "Empfangschef". Sie waren die letzten Besitzer, bevor Ende der 60er Jahre geschlossen wurde. Angeblich wegen Baufälligkeit riss man alle Gebäude um 1979 ab. Damit war wieder ein Stück Alt - Almrich verschwunden. Erwähnt sei noch eine Eibe im Garten, die, nachdem sie über 700 Jahre alt geworden war, 1919 gefällt wurde. Unklar bleibet, wie das Alter vorher festgestellt wurde.

 


Bär 1977