Was machte die Jugend nach 1945 ?
Wir
gingen in diesem Jahr oft baden in die Saale. Oberhalb der Insel hatten wir
unseren Badeplatz. Die Insel war gleichzeitig ein Teil der Furt die unterhalb
von der Insel wieder ans Ufer Richtung Almrich führte. Im Sommer als die Brücke
durch die Sprengung nicht benutzbar war fuhren die Bauern mit Ihren Pferde, oder
Kuhgespannen aus der Aue bzw. von den Saalbergen wieder zum Ort zurück. Wie
schon an anderer Stelle erwähnt kamen nach dem Abzug der Amerikaner die Russen
nach Deutschland. Sie quartierten sich in den Kasernen in Naumburg ein. Am
Anfang hatten diese nur Pferde als Transportmöglichkeit, erst später sollte die
Motorisierung erfolgen. Das hatte für uns Buben viele Erlebnisse zur Folge, weil
die Pferde auf den Wiesen rechts und links der Saale weiden durften. Außer dem
Reiten auf den ungesattelten Pferden hatten wir auch Zeit mit dem Bewachungs-
Soldaten Kontakt auf zu nehmen. Da wurden am
Lagerfeuer Kartoffeln gebacken, aber den Wunsch nach Schnaps konnten wir denen
nicht erfüllen. Ich sehe heute noch das Bild, als Heiner Flucke das beste Pferd
aus dem Rudel reiten durfte. Das war auf der Wiese neben dem Bahndamm etwa auf
halben Wege zwischen Fischhaus, und Almrich. Das Pferd war ein Hengst aus
Trakehner Zucht, und ein sehr sensibles Tier. Heiner hatte eine Zeltplane
umgehängt was das Pferd noch mehr antrieb als eine Peitsche. Im gestreckten
Galopp ritt er Richtung Bahnschranke. Dann kam die Zeit wo jeder zu Hause
mithelfen musste um Nahrungsmittel herbei zu schaffen , sei es durch Stoppel von
Ähren, Kartoffeln, und Zuckerrüben. Auch die Brennholz Beschaffung war sehr
wichtig. Zu den entsprechenden Jahreszeiten musste man wissen wo was zu
organisieren war. Es war auch von Vorteil einen Freund unter den Bauern im Ort
zu haben. Wir hatten das. Sport war in dieser Zeit kaum möglich. Ich hatte den
Vorteil das wir einen großen Garten am Poddelgraben hatten
den mein Vater mit vielen jungen Bäumen angelegt
hatte. Ich musste dafür auf der Strasse die Pferdeäpfel aufsammeln, und mit
einen zweirädrigen Karren in den Garten fahren, und für die Erdbeer, und
Spargelbeete
dort abladen. In dieser Zeit lagen meine Freunde schon an
der Saale, aber ich wusste immer wann was im Garten reif war. Wir konnten zu
dieser Zeit noch auf der Straße spielen, Zum Beispiel Kreiseln, Balltreiben von
der Bahnschranke bis zur Pfortastrasse. Wir hatten ja sonst keine anderen
Spielgeräte. Wenn jemand eine Eisenbahn hatte war er ein Krösus. Ich bekam durch
einen Lehrling meines Vaters eine Trix Eisenbahn. Doch die Lok ging nicht , so
mussten wir improvisieren, was für uns kein Problem war. Im Winter hatten wir
nun die Große Auswahl an Stellen wo wir Rodeln, oder Schi fahren konnten. Das
war eine schöne Zeit. In diesem Rhythmus
gingen die Jahre bis zur Schulentlassung 1949
weiter. Dann fing der Ernst des Lebens für uns alle an. Die nicht im Ort lernten
mussten dann nach Naumburg, oder weiter fahren . Aber mit was ?. Es gab doch
noch keine Fahrräder zu kaufen. Ich erinnere mich an die Eröffnung der HO Läden.
Die waren am Anfang noch sehr weit gestreut. Ich bin nach Weißenfels gefahren um
mir die erste Rolle Drops dort zu Kaufen . Welcher Aberwitz.
Später hatten wir das Glück zwei Fahrräder im HO in
der Herrenstrasse zu ergattern. Mit Vitamin B wie man heute sagen würde. Mein
Freund Günther, und ich haben dann unsere Kreise ziehen können mit dem relativ
schweren Mifa Herrenrädern. Nun waren wir flexibel in unseren Zielen. Wir
schafften sogar Fahrten bis ins Mühltal, und das war schon eine beträchtliche
Strecke für uns, und in Schkölen in einer großen Rechtskurve hatte Heinz Reumann
einen schweren Sturz bei dem einiges am Fahrrad kaputt ging. Doch nach einen
Halt bei Eberhard Müllers
Schwester konnten wir das Rad wieder fahrtüchtig
machen Nach Beendigung der Lehre waren wir auch in der Lage Sachen zu
unternehmen die vorher mit dem kargen Lehrlingslohn nicht machbar waren.
Wir begannen mit viel Elan Fußball zu spielen. Der
erste Ball wurde eingeschmuggelt. Unter Mithilfe einiger Erwachsener, wie Alfred
W. Kurt B. Schuster F. ?. fingen wir an zu kicken. Ausrüstungsmäßig war unsere
Sportkleidung zusammen gewürfelt, aber das war uns egal. Erst als wir dann einen
begeisterten Helfer bekamen, der uns sogar Trikot besorgt, und uns mit den LKWs
MTS Fränkenau zu auswärtigen Spielen transportierte war es etwas einfacher. Ein
Erlebnis aus dieser Zeit habe ich noch im Gedächtnis. Auf der Rückfahrt von
einem Spiel in Burghessler kamen wir auf Höhe der Bad- Kösener Kirche in ein
starkes Gewitter. Wir machten an der Bahnunterführung Halt, und flüchteten in
das Kaffee am Eck vor der Kösener Mühle. Es tobte ein Wahnsinnsgewitter über uns
hinweg. Plötzlich flog die Eingangstür auf, und es stürzte eine Wasserwelle in
das Kaffee. Wir retteten uns auf Tische und Stühle bis der Wasserschwall vorüber
war. Die Fahrt nach Hause verlief dann bei strahlender Sonne. Im Übrigen hatten
wir insgesamt gesehen immer wieder starke Sommergewitter in diesen Jahren. In
den Nachkriegsjahren hatten wir auch viele Überschwemmungen der Saale. Eine war
so hoch, dass das Wasser bis zu dem Bahnübergang stand, und sogar darüber hinaus
ging. So erlebten wir eine einfache, aber ich kann sagen schöne Jugendzeit. Dann
folgte die Tanzstunde bei Mathilde Döring die für uns der Einstieg in die Welt
des Tanzens war. Wo sind wir nicht alles hin gefahren, und gelaufen. Nach Bad-
Kösen in den Kurgarten wenn eine gute Kapelle dort aufspielte , Wie Alex Heyden
aus Leipzig, oder Kurt Henkels in der Sektkellerei in Freyburg. Nicht zu
vergessen der Bürgergarten in Naumburg. Der Ratskeller in Naumburg war ein
beliebtes Ziel wenn Faschings Veranstaltungen Naumburger Vereine anstanden, wie
von den Ruderern. Hierbei musste man Kostümiert
erscheinen, und teilweise auch maskiert. Auch in
unserer Linde in Almrich konnten wir uns beim Tanz mit Keilerei vergnügen wobei
letzteres nicht so oft vor kam, es sei denn es kam ein Auswärtiger unseren
Zielen in die Quere. Eine Episode fällt mir da noch ein. Als wir wieder mal im
Kurgarten waren ging Heinz Reumann in der Pause aus dem Saal, und wurde von der
Lengefelder Truppe verkannt, und in die Mangel genommen. Da ich den gleichen
Wunsch hatte die Toilette auf zu suchen kam ich auch in die Rangelei hinein. Ein
relativ kleiner , aber zäher Bursche hatte es auf mich abgesehen, und schnappte
mich an der Krawatte, ja wir waren so angezogen, und zog und zog daran bis ich
fast keine Luft mehr bekam.
Plötzlich war Schluß. Es stellte sich heraus, das
die Lengefelder es auf ein paar Naumburger abgesehen hatten welche aber schon
das Weite gesucht hatten. Nach ein paar Renovierungs- arbeiten Unsererseits
konnten wir wieder in den Saal gehen. Die Krawatte musste mit einem Messer
abgeschnitten werden, und war hin. Ein mal waren wir eine ganze Meute Almricher,
und es waren auch einige Mädels dabei. Am Ende der Tanzveranstaltung ging kein
Zug, oder Ähnliches mehr. Da sind wir über die B 87 Über die Windlücke bei
Schulpforte nach Almrich gelaufen. Wir hatten schon ein mulmiges Gefühl bei dem
Heimweg, denn es war schon vorgekommen, das auch Russen sich um diese Zeit herum
trieben. Doch wir kamen gut nach Hause. Was die Mädels aus unserer
Klasse in dieser Zeit gemacht haben entzieht sich
unserer Kenntnis
weil wir Jungens in einen anderen Revier unsere
Liebschaften suchten.
Nach biologischen Meinungen hieß es, das wir Jungens
denen gegenüber zwei Jahre zurück
wären. Doch am Ende hat jeder von uns sein Glück in
der Liebe gefunden. Manche früh, und manche später. Heute kann man sagen es ist
alles so gekommen wie es kommen musste. Mit dem Lied des Hemmann- Quintettes
möchte ich schließen. Schön war die Zeit, schön war die Zeit. Brennend heißer
Wüstensand.
Unsere Stammwirtschaften
waren die Linde, der Bär, und anfangs auch der Adler. Dort verbrachten wir sehr
schöne Stunden.
Man könnte noch vieles berichten, aber das sollen mal andere versuchen .